Regatten 2016

Vogalonga 2016 – oder: Paddelausflug mit Wellengang 

15.05.2016

4:45 Uhr – In den Tupperboxen auf dem Campingplatz Marina de Venezia klingeln die ersten Wecker. Endlich ist es soweit: Die RWE Energiebündel starten bei der Vogalonga 2016! Die Stadt Venedig richtet diesen Wettkampf jedes Jahr am Pfingstsonntag aus, um auf die Verschmutzung der Lagune aufmerksam zu machen. Teilnehmen können alle Bootsklassen, die mit Muskelkraft bewegt werden – vom Kanu über die Gondel bis zum Ruderboot.

5:50 Uhr – Mit Paddeln, Sitzkissen, Wasserflaschen und Bananen bewaffnet sammeln sich die Energiebündel am Eingang zum Campingplatz. Vielleicht noch ein bisschen verschlafen, aber definitiv aufgeregt. Mit mehreren Autos geht es zum Anlegeplatz „unseres“ Drachenbootes.

6:00 Uhr – Ankunft an der Bucht nördlich von Punta Sabbioni. Das Boot wird vom Anhänger ins Wasser verfrachtet, das Gepäck verstaut. Bevor es wirklich losgeht, steht der traditionelle Motivationskreis an: André, der uns zusammen mit Cécile steuern wird, erklärt den weiteren Ablauf. Sabine stimmt ihre Traubenhyazinthen auf die 30 Kilometer lange Strecke durch die Lagune ein. Dann heißt es endlich: Boarding!

6:45 Uhr – Mit ein wenig Verspätung trifft Paolo ein. Er zieht uns bis zum Start am Markusplatz. Besonders vertrauenserweckend sieht die Verbindung zwischen Drachen- und Motorboot nicht aus, aber wir schippern relativ entspannt, ohne Zwischenfälle und unter strahlend blauem Himmel Richtung Venedig.

7:45 Uhr – Ankunft. Die letzten Meter zum Rio de l’Arsenal legen wir paddeln zurück. Dort vertäuen wir das Drachenboot. In der Zeit bis zum Start genießen wir „die besten Croissants, die ich jemals gegessen habe“ (O-Ton Kyra), in einem kleinen Café am Ufer. Der Countdown läuft…

8:30 Uhr – ENDLICH! Es geht Richtung Start. Cécile steuert uns sicher zwischen den anderen Booten hindurch, bis wir unsere Position erreicht haben. Es gibt so viel zu gucken: die Gondel mit dem Klavierspieler, die Ruderinnen mit den rosa Schmetterlingsflügeln, Drachenbootteams aus ganz Europa… Auf einem französischen Gefährt stimmt ein Posaunist sogar die Marseillaise an. Gänsehaut.

9:00 Uhr – Der Kanonendonner schickt die rund 1.700 Boote auf die Strecke. Die 42. Vogalonga ist offiziell gestartet – und wir sind mittendrin.

9:15 Uhr – Die ersten Kilometer legen wir im Stop-and-Go-Modus zurück. Immer wieder muss Cécile abbremsen oder an langsameren Booten vorbeisteuern. Das mit der Schlagabnahme klappt auch nicht zu 100 Prozent: Alles so spannend, was um uns herum zu sehen und zu hören ist.

9:30 Uhr – Das Energiebündelboot passiert Le Vignole. Aus Lautsprecherboxen dröhnt uns „Born to be alive“ entgegen, eine Handvoll Zuschauer macht ordentlich Stimmung. Ein sehr schöner Motivationsschub.

9:45 Uhr – Unser ständiger Begleiter entlang der Küste von Sant’Erasmo: ein Drachenboot mit Ambitionen. Ein übereifriger Trommler sorgt für den dazu passenden Galeerensound – und geht uns latent auf die Nerven.

10:15 Uhr – Linker Hand zieht Burano vorbei. Die bunten Häuserzeilen machen sich bei Sonnenschein besonders nett. An den Ufern haben einige Boote angelegt, fassen Wasser und Bananen. Einen kurzen Stopp gönnen wir uns auch.

10:30 Uhr – Amüsante Episode mit einem ungarischen Drachenbootteam, das mit vereinten Kräften und unter lautstarken Anfeuerungsrufen an uns vorbeiziehen will. Vergeblich. Wir gönnen uns den Luxus eines frechen Grinsens, legen 10 Harte ein – und sind dann mal weg.

10:40 Uhr – Das anstrengendste Stück beginnt: 5 Kilometer über die offene Wasserfläche zwischen Mazzorbo und Murano. Zähne zusammenbeißen.

11:15 Uhr – Auf Murano erwarten uns begeisterte Vogalonga-Fans. Wir bedanken uns mit einem kleinen Paddelgruß.

11:40 Uhr – Endspurt. Wir steuern auf Venedig zu, wechseln kurz den Akku der Fehlings‘schen GoPro.

12:00 Uhr – Nun folgt das große Finale: Mit dem Glockenschlag der 12Uhr-Glocken biegen wir in den Canal Grande ein. Die Stimmung ist unglaublich: An den Ufern drängen sich jubelnde Zuschauerinnen und Zuschauer, ältere Damen sitzen glockenklingelnd in ihren Fenstern, die Ponte dell’Accademia ist unter den Menschenmassen kaum zu erkennen. Wir paddeln zart vor uns hin, staunen und stimmen die Rialto-Brücke passierend ein donnerndes „Energiebündel“ an.

12:30 Uhr – Zieleinlauf gegenüber vom Markusplatz. Der Bürgermeister gratuliert und liest unsere Vornamen vor, die offiziellen Medaillen landen per Wurf im Boot. Wir haben es tatsächlich geschafft – und jeden einzelnen der 30 Kilometer genossen. Fest steht: Das ist nicht die letzte Vogalonga mit Energiebündel-Beteiligung. Cool

 

PS: Natürlich wäre das Ganze keine waschechte Energiebündelgeschichte, wenn nicht noch ein – oder besser: zwei - Knaller folgen würde(n). Nach einer wohlverdienten Pause im oben bereits erwähnten Café – inklusive jeder Menge Eis, köstlichen Panini und dem ein oder anderen Aperol Spritz – sollte uns Paolo eigentlich wieder einsammeln. Das Problem: Unser italienischer Freund tauchte nicht auf. Die Folge: Wir mussten die letzten 10 Kilometer des Tages – anders als angedacht – per Paddel zurücklegen.

Auf den ersten Blick keine wirkliche Herausforderung für ein Team, das gerade ohne größere Schwierigkeiten eine 30 Kilometer lange Strecke zurückgelegt hatte – wenn da nicht der Wellengang gewesen wäre. Denn inzwischen hatte der offizielle Schiffsverkehr um Venedig wieder eingesetzt, und die unzähligen Fähren bescherten uns einen aufregenden Ritt zurück nach Punta Sabbioni. Der arme André musste sich ordentlich konzentrieren, und das „Mittelschiff“ war die meiste Zeit damit beschäftigt, das einströmende Wasser aus dem Boot zu schöpfen.

In vermeintlich ruhigeren Gewässern angelangt folgte dann der Sandbank-Zwischenfall. Gleich zwei Mal sind wir nördlich von Lido de Venezia auf Grund gelaufen und konnten uns paddelnd nicht mehr befreien. Ich hoffe, das Video „Hektische Paddler bewegen sich trotz größter Anstrengungen keinen Millimeter von der Stelle“ taucht nie bei YouTube auf. Schließlich sind wir dann doch ausgestiegen und haben das Boot geschoben. Sehr zum Vergnügen einiger Kanuten, die mit der schönen Bemerkung „Vorsicht, ist ein bisschen seicht hier“ gemütlich an uns vorbeigezogen sind. Die abendlichen Pizzen bei Vanin hatten wir uns definitiv verdient! 

S.B.

   
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